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Online seit: 8.9.2017
Eiskalt serviert: Crowdfundingplattform versetzt mit PR-Aktion Eisberge
Viele Pressemeldungen landen ungelesen im Papierkorb der Journalisten. Die Crowdfundingplattform mysherpas wollte deshalb aus der grauen Masse hervorstechen und schickte eine Pressemitteilung – thematisch zum Projekt passend – in Eis verpackt an die Redakteure. Die Aufmerksamkeit der Journalisten war gesichert.
Die Crowdfundingplattform mysherpas irritierte 38 Redaktionen in Berlin und München mit einer Pressemeldung in Form eines Eisberges. Obwohl einige Medienvertreter zunächst frostig reagierten, konnten deutlich mehr Veröffentlichungen als gewöhnlich erzielt werden. Was zeigt: Wer von Journalisten wahrgenommen werden will, muss die Kommunikation ernst nehmen. Das ist nicht immer bequem – und bisweilen mühsamer als im Mailprogramm auf „senden“ oder bei ots und ddp-direct auf „jetzt distribuieren“ zu klicken.
Ausgangslage
Bei der Pressearbeit für die Plattform mysherpas führte die Besonderheit des Projektes zu einer Konzeption, wie sie eigentlich logischer nicht sein konnte. Auf der Crowdfundingplattform sammelt eine Fotografin Geld für eine Fotoinstallation, in der es um das Schmelzen der Arktis geht. Der Kern sowohl des Projektes auf der Spendenplattform als auch der Arktis: die Zeit läuft ab. Diese Dringlichkeit musste den Redakteuren vermittelt werden. Weder eine Pressemeldung für den Mülleimer noch für die Ablage.
Deshalb wurde das Thema Arktis direkt umgesetzt. 38 Redaktionen in Berlin und München erhielten einen 20 Zentimeter großen Eisberg – mit einer Pressemeldung im Inneren. Die ungewöhnliche Verbreitung der Pressemeldung inszenierte die Agentur zusätzlich als PR-Event, indem sie mit klassischen Pressemeldungen begleitet wurde. Die Distribution als Event – ganz im Sinne Bernays.
Zugegeben: Die Auslieferung der Eisblöcke gestaltete sich schwierig. „Keine Zeit“, „Was soll ich damit?“, „Wissen Sie, was in der Redaktion los ist?“. Gerade deswegen funktionierte die eiskalte Botschaft. Natürlich landeten die Eisberge nach kurzen Diskussionen auf Konferenztischen und wurden beachtet. Da standen sie nun, die Eisberge. Und schmolzen. Dabei übertrug sich genau jenes Gefühl auf die Redakteure, das transportiert werden sollte. Hier ist ein Prozess im Gang, der nicht gestoppt werden kann. Unaufhaltsam. Die Zeit läuft. Der entscheidende Impuls für die Betroffenheit.
Eisberg als Aufmerksamkeits-Katalysator
Die ungewöhnliche Distribution der Pressemeldung ist ein Aufmerksamkeits-Katalysator und ein Muntermacher für die PR-Branche. Denn: Im ganzen Geschnatter um Web-2.0 und Social-Media-Reichweiten wird immer öfter der Kern der Informationsarbeit aus dem Auge verloren: Inhalt und Dialog mit etablierten Medien. Ein Hauptproblem liegt darin, dass oftmals nicht einmal mehr die Absender Mühe und Zeit in Pressetexte und andere PR-Instrumente investieren. Der Versand von Pressemeldungen über kostenlose Portale und Riesenverteiler scheint besonders für kleinere Unternehmen eine PR-Superlösung in einer Kommunikationswelt, die nur noch aus Suchmaschinenoptimierung besteht: Jeder Google-Treffer verkommt allerdings zum Pseudoerfolg, der keinerlei Multiplikatoreneffekte oder gar Aufmerksamkeit bringt. In der täglichen Pressearbeit wird der Kern der PR vergessen – Kommunikation mit Redakteuren. Es wird erwartet, dass sich Redakteure Zeit für ein Thema nehmen, auf dessen Aufbereitung offensichtlich nicht einmal das Unternehmen oder die zuständige PR-Agentur Lust hatte.
Die Eisberg-Aktion hat gezeigt, wie wichtig eine gezielte und interessante Pressearbeit ist. Neben Fernsehauftritten für die Fotografin gab es zahlreiche Veröffentlichungen über das Projekt. Aber bitte: Bevor Schokoladenfabrikanten künftig Schokobuchstaben zum Selbertexten von Pressemeldungen versenden – zwischen derartigen Aktionen sollte ein bisschen Zeit liegen.
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