Praxis-Tipps
Online seit: 20.2.2021
Die 10 Gebote für Geschäftsberichte
Ein Geschäftsbericht ist wie ein guter Flirt. Die Ansprache erzeugt Aufmerksamkeit, steigert sich zum Interesse, um dann in Begierde – „Das ist ja spannend, muss ich lesen!“ – zu enden. Flirten will gelernt sein, und das Verführen des Lesers auch.
Manch einer mag nun zucken und denken: „Den Leser verführen, nun geht er aber zu weit!“ Aber darum geht es. Geschäftsberichte kosten nennenswerte Budgets und sollten deshalb unbedingt auch gelesen werden. Das geht nur, wenn der Leser erfolgreich angesprochen, Betroffenheit erzeugt und eine Erinnerung an die wichtigen Botschaften des Geschäftsberichts verankert wird. Deshalb sind Geschäftsberichte die Königsdisziplin der Unternehmenskommunikation.
Hier sind die 10 Gebote für Geschäftsberichte:
1. Du sollst eine – und nur eine – Geschichte erzählen
Ein Geschäftsbericht brauche eine so genannte Equity Story. Was ist der Mehrwert des Hauses für seine Kunden? Warum ist man damit erfolgreich, und was bedeutet diese Stärke im Markt? Für börsennotierte Gesellschaften leuchtet dieses Gebot sofort ein, aber auch andere sollten ihrem Geschäftsbericht einem herausragendem Aspekt ihrer Equity Story widmen. In zwei Drittel der Berichte ist das anders: Es gibt keine Equity Story oder sie wird nicht klar rausgearbeitet. Das ist die größte Sünde!
2. Du sollst an Deine Zielgruppe denken
Schlechte Geschäftsberichte sind ein Zusammenschnitt aus volkswirtschaftlicher Rückschau auf das abgelaufene Jahr, einer schicken Karte der Geschäftsstellen und einer übertriebenen Selbstdarstellung der Gremien des Hauses. Aber wo ist der Leser? An welche Zielgruppe wendet sich der Geschäftsbericht? Und bitte, die Zielgruppe eines Geschäftsberichts ist kein heterogenes Allerlei, sondern eine klar definierte homogene Gruppe – die mit klaren Mehrwerten angesprochen wird.
3. Du sollst Betroffenheit erzeugen
Menschen lesen nur, was sie interessiert – was für sie ganz persönlich interessant ist. Was sie persönlich, emotional oder fachlich betroffen macht. Formulieren Sie deshalb Ihre Equity Story aus der Perspektive Ihrer Zielgruppe. Niemand interessiert sich dafür, was Sie an sich toll finden. Liefern Sie Nutzen, Mehrwert und Service für Ihre Zielgruppe!
4. Du sollst besonders sein
Setzen Sie auf Mehrwerte, die Sie besonders machen. Kleiden Sie „Ihr“ Thema aus, machen Sie es spannend. Mehrwerte kann beispielsweise regionale Nähe sein, aber es gibt auch viele andere Punkte, die ein Unternehmen vom Wettbewerb abheben. Das Besondere wird gerne gelesen.
5. Du sollst kreativ sein
Der inhaltlichen Idee folgt die kreative Umsetzung. Sorgen Sie dafür, dass Ihre Equity Story optisch erkennbar wird. Beweisen Sie mit kreativen Ideen Ihre Leistungen, Ihre Stärke, Ihre regionale Nähe. Ihre Leser nehmen ihre Botschaft erst mit den Augen wahr, erst dann wird gelesen.
6. Du sollst Dein Konzept durchhalten
Ja, in den meisten Geschäftsberichten ist irgendwo die Equity Story und die kreative Idee drin. Irgendwo. Es fehlt aber die Konsequenz, diese Dinge klar rauszuarbeiten und im gesamten Bericht durchzuhalten. So präsentieren sich die Berichte wie ein Grabbeltisch bei Woolworth: großes Durcheinander, hilf‘ Dir selbst, lieber Leser.
7. Du sollst klar sein in der Aussage
Die Sprache in Geschäftsberichten ist zu oft bürokratisch und politisch verklärt. Unangenehmes wird hinter einem Wortschwall verhüllt. Positives mit ungelenken Hauptwörtern dargestellt. Wem der Mut zu klaren Aussagen fehlt, sollte mit anderen Aufgaben als dem Geschäftsbericht betraut werden.
8. Du darfst mutig sein
Als kreatives Instrument oder als inhaltliche Zuspitzung sind Provokationen oder Inszenierungen erlaubt. Wichtig ist, das richtige Maß zu treffen, denn Provokation und Inszenierung sind Gratwanderungen.
9. Du sollst authentisch sein
Der Geschäftsbericht ist das Abbild des eigenen Hauses und muss passen – von der Aussage, vom sprachlichen und optischen Stil und von der Ausstattung des Berichts. Hier ist Augenmaß gefragt. Authentizität lässt sich sehr gut untermauern mit Menschen, die für getroffene Aussagen stehen – sei es aus der Belegschaft, der Kundschaft oder aus dem Umfeld des Unternehmens. Harte Fakten unterstreichen die Glaubwürdigkeit obendrein.
10. Du sollst nicht egozentrisch sein
Der Geschäftsbericht ist der Bericht über das eigene Geschäft und verleitet deshalb zu Egozentrik. Hier ist Demut gefragt, denn der eigene Erfolg hat mit Kunden, Mitarbeitern und Partnern zu tun. Sie zu zeigen und den Mehrwert für diese Zielgruppen zu zeigen, ist der richtige Weg.
Über den Autor:
Jörg Forthmann ist diplomierter Wirtschaftsingenieur und Geschäftsführer der Beratungsgesellschaft Faktenkontor. Nach einer journalistischen Ausbildung arbeitete er als freier Journalist unter anderem für das “Hamburger Abendblatt” und als PR-Berater in Hamburg. Anschließend war er als Assistent des Pressesprechers der Nestlé Deutschland AG tätig. Sein Arbeitsbereich umfasste die Unternehmens-, Marken- und Krisenkommunikation. Von 1999 bis 2002 leitete Forthmann die Unternehmenskommunikation der Mummert Consulting AG.
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