Wirtschaft
Online seit: 20.11.2020
Wie sich Banken Vertrauen durch Kommunikation zurückerobern können
Vertrauen ersetzt Sicherheit in risikobehafteten Situationen. Da Bankgeschäfte immanent mit Risiko verbunden sind, gehört das Vertrauen zwischen Kunde und Bank zu den notwendigen Voraussetzungen für ein gesundes Bankwesen. Doch wie lässt sich die Vertrauenserosion bei Kreditinstituten durch Kommunikation stoppen?
Im Deutschen ist das Wort "Vertrauen" missverständlich. Im Englischen wird unterschieden in „Confidence“, also die Erwartung, dass ein System – zum Beispiel das Finanzsystem – ohne eigenes Zutun zuverlässig funktioniert, und in "Trust". "Trust" ist das personale Vertrauen, dass einem anderen Menschen das eigene Wohlergehen am Herzen liegt.
In vielen ärmeren Ländern dieser Welt haben Millionen von Menschen keinerlei Zugang zum Bankensystem. Oder die Banken sind so korrupt, wodurch ihre Kunden kein Vertrauen in sie haben. Gerade in diesen Ländern profitiert die Bevölkerung von der technologischen Entwicklung und Einführung sogenannter Kryptowährungen wie Bitcoin, Ethereum oder DeFiChain. Es genügt ein Smartphone, um Geld zu transferieren, Löhne ausgezahlt zu bekommen oder Einkäufe zu tätigen. Damit Banken nicht von solchen Kryptowährungen überholt werden, ist ein gesundes Vertrauen ihrer Kunden von größter Wichtigkeit.
Tatsächlich gibt es in der Finanzwirtschaft eine Vertrauenserosion auf beiden Ebenen. Einerseits wirkt die Finanzkrise auf das Vertrauen im Sinne von "Confidence". Andererseits leidet das Vertrauen in die Person des Bankberaters und in die Institution der Bank. Gerne werden Verfehlungen von Kreditinstituten als Ursache hierfür genannt. Da das einzelne Institut nicht maßgeblich auf das Finanzsystem einwirken kann, bleibt der größte Hebel auf eine gestärkte Vertrauensbasis im "Trust", also dem personalen Vertrauen.
Wie groß ist das Potenzial, durch systematische und engagierte Arbeit, das Kundenvertrauen zu steigern? Das ist von Institut zu Institut sehr unterschiedlich: Schlecht positionierten Häusern sprechen nur rund 55 Prozent der Bundesbürger ihr Vertrauen aus. Gut positionierte Institute bringen es auf eine Zustimmung von gut 80 Prozent. Dies ergeben regelmäßige Marktforschungen von ServiceValue, Köln. Da das Vertrauen notwendige Voraussetzung für Bankgeschäfte ist, stellt der Vertrauensstatus einer Bank einen erfolgskritischen Faktor dar. Schließlich verzichten selbst vertrauensreiche Institute auf etwa ein Fünftel ihres Marktpotenzials, bei vertrauensarmen Instituten ist es fast schon die Hälfte des Marktpotenzials. Im Durchschnitt haben deutsche Kreditinstitute etwa zu einem Drittel des Marktes keinen belastbaren Zugang wegen einer fehlenden Vertrauensbeziehung. Da lohnt sich ein Blick auf Ansätze, wie der Vertrauensstatus ausgebaut werden kann.
Vertrauen funktioniert nicht ohne eine glaubwürdige Kommunikation. Daher gilt es, die zur Verfügung stehenden Kommunikationskanäle daraufhin zu prüfen, ob
- sie den Bankkunden erreichen,
- sie akzeptiert sind und
- sie zur Wahrnehmung von Glaubwürdigkeit führen.
Glaubwürdigkeit ersetzt Sicherheit in risikobehafteten Situationen und stellt schlussendlich Vertrauen dar. Aufgabe der Kommunikation ist es, über die Wahrnehmung von Glaubwürdigkeit die Risikoeinschätzung des Kunden so zu verändern, dass von der Möglichkeit unaufrichtiger Handlungen der Bank abgelenkt wird. Wer diesen Ansatz der Glaubwürdigkeit konsequent in seine Vertriebssteuerung und in die Kundenberatung transferiert, hat eine gute Ausgangsposition, seinen Vertrauensstatus zu optimieren. Allerdings gibt es erhebliche Störfaktoren in der Beziehung zwischen Bank und Kunde.
Um diese Störungen verstehen zu können, ist das Verständnis wichtig, wie Glaubwürdigkeit entsteht – oder zerstört wird. Gehirnforscher und Psychologen unterscheiden dabei das intuitive und das analytische Denken. Das intuitive Denken funktioniert automatisch, mühelos und affektiv, also gefühlsgesteuert. Es äußert sich in Spontanreaktionen und -einschätzungen. Das intuitive Denken zu Banken wird derzeit stark durch negative Medienberichte geprägt. Die Nachrichte sind negative Blitze, die kurz aufgenommen werden und spontan zu Ablehnung führen. Ein tieferes Nachdenken und Ergründen findet nicht statt. Da Misstrauen schneller reift als Vertrauen, ist ein negatives Nachrichtenumfeld gefährlich für den Vertrauensstatus einer Bank.
Anders ist dies beim analytischen Denken: Es ist ein bewusster, gezielter, systematischer und logischer Prozess. Hier ist zu erwarten, dass der Kunde die Informationen kritisch wertet und auf seine eigene Situation hin bewertet. Faktisch wird die Mehrzahl der Wahrnehmungen durch das intuitive Denken gesteuert. Problematisch für Banken ist der Umstand, dass negative Berichte in den Medien – von der Zeitung über Fernsehen bis hin zum Internet – deutlich überwiegen. Der Mainstream der Berichterstattung ist durch Bankkritik geprägt, und sei es durch die Finanzkrise, so dass es zu einer Konfusion zwischen "Confidence" und "Trust" kommt.
Die Menschen erhalten heute zu viele Informationen, um sie in der Masse ernsthaft analytisch bewerten zu können. Das analytische Denken ist Aufwand; es erfordert Zeit und Aufmerksamkeit. Deshalb muss sich eine Informationssituation als so relevant erweisen, dass sich der Aufwand für das analytische Denken lohnt. Diese Relevanz ist abhängig von der persönlichen und emotionalen Betroffenheit, die die Information beim Kunden auslöst. Eine an Produkten und nicht an der Lebenssituation des Kunden orientierte Kommunikation erschwert den Kreditinstituten den Zugang zum analytischen Denken. Türöffner sind die individuellen Sorgen, Nöte, Ängste und Wünsche des Kunden.
Um die Auswirkungen von intuitivem und analytischem Denken besser verstehen zu können, sind die beiden Stufen zum Vertrauen wichtig. Die erste Stufe ist die Vertrauensbereitschaft. Sie ist abhängig vom Umfeld, von Erfahrungen und von Voreinstellungen des Bankkunden. Das intuitive Denken wirkt sich in der Vertrauensbereitschaft stark aus, denn das wahrgenommene Umfeld entsteht mehrheitlich durch Medienberichte. Auf die Vertrauensbereitschaft zahlen aber auch Erfahrungen mit der Bank ein, die ebenfalls durch das intuitive Denken als Blitz-Wahrnehmungen in das Vertrauensurteil eingehen: Funktionieren die Geldautomaten immer? Sind Kontoauszüge und der Jahresbericht zum Hypothekendarlehen verständlich? Wird mein Anliegen am Servicetelefon verstanden, gewürdigt und gelöst? Ist die Mitarbeiterin am Schalter freundlich? Die zweite Stufe ist die schwerere, es ist die Stufe der Vertrauenswürdigkeit. Ist die Bank würdig, dass ich ihr vertraue? Auf die Vertrauenswürdigkeit zahlen insbesondere
- die Kompetenz,
- die Gutwilligkeit,
- die Integrität und
- die Vorhersagbarkeit
ein. Hier wirken also Faktoren ein, die sowohl über intuitives als auch über analytisches Denken verortet werden – und sich in der Kommunikation von Kreditinstituten klar herausstellen lassen. Es bedarf also einer grundsätzlichen Positionierung, die allerdings von dem real erlebten Bankgeschäft auch getragen wird. Potemkin’sche Dörfer führen nicht zu einer soliden Vertrauensbasis.
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